Das Weinen scheint uns Menschen von der Natur quasi exklusiv in die Wiege gelegt worden zu sein. Denn kein anderes Lebewesen vergießt emotionale Tränen.
Wann und warum man weinen muss, kann oder darf, wird vor allem von kulturellen Regeln mitbestimmt. Und von unseren Hormonen.
Tränen offenbaren die Gefühle eines Menschen. Selbst der Versuch, sie zu unterdrücken, bleibt häufig nicht verborgen. Weinen bringt Gefühle wie Trauer, Rührung, Wut, Verzweiflung oder auch Glück zum Ausdruck.
In Deutschland geben gut 80 Prozent der Frauen und etwa 40 Prozent der Männer an, in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal geweint zu haben. In Ländern wie Japan oder Kenia würde eine entsprechende Untersuchung gänzlich anders ausfallen, denn das Weinen wird dort gesellschaftlich anders bewertet als bei uns.
Den Deutschen treibt vor allem anderen der Verlust eines nahestehenden Menschen die Tränen in die Augen. Gleich danach wird das Anschauen eines traurigen Films genannt – allerdings fast ausschließlich von den weiblichen Betrachtern.
Was genau passiert, wenn ein Mensch in Tränen ausbricht, ist ein komplexer Vorgang. Es hängt mit kulturellen und sozialen Regeln zusammen, mit Hormonen und mit der Erziehung. Erst ungefähr ab dem 13. Lebensjahr werden Geschlechtsunterschiede beim Weinen deutlich. Vorher weinen Mädchen und Jungen etwa gleich viel.
Emotionale Tränen vor anderen zu zeigen, ist uns meist unangenehm. Erwiesenermaßen ist es jedoch durchaus wohltuend und gesund, sich seine Gefühle einzugestehen und sie auszuleben. Menschen, die Emotionen oder negative Stimmungen generell unterdrücken, sind unausgeglichener.
Aus wissenschaftlicher Sicht wird davon ausgegangen, dass unsere Tränen neben dem emotionalen auch einen organischen Hintergrund haben. Tränen enthalten eine Art körpereigenes Beruhigungsmittel, das über die Haut und die Augen von der Tränenflüssigkeit aufgenommen wird. Gleichzeitig scheidet der Mensch mit den Tränen Schadstoffe aus, die sich durch Stress und seelische Belastungen im Körper ansammeln. Eine Träne enthält außerdem Hormone und Salze wie Calcium, Kalium und Mangan.
Ob nun soziale oder emotionsregulierende Gründe für unser Weinen verantwortlich sind oder eine Kombination aus beiden Ursachen, ist noch nicht geklärt.
Wenn wir jedoch etwas in der Natur so Einzigartiges zustande bringen können, warum sollten wir uns dann dafür schämen?