Das Sehen

Hell ist nicht gleich hell – Lichttemperatur und Lichtfarbe

Es gibt für fast alles eine Regel. Meist sind Regeln sinnvoll und strukturieren unser Leben. Bei der einst EU-weit geltenden Gurkenverordnung, die den zulässigen Krümmungsgrad von Salatgurken regelte, konnte man jedoch ins Zweifeln geraten. Auch die internationale Norm für mittleres Sonnenlicht wirkt auf den ersten Blick befremdlich. Sie beträgt 5500 Kelvin – die Einheit, in der die Farbtemperatur des Lichts gemessen wird – und beschreibt den Lichtfarbton eines Sonnentages bei klarem Himmel am Vor- oder Nachmittag. In der Fotografie ist die Berücksichtigung der Farbtemperatur durchaus wichtig. So können bei Aufnahmen entsprechende Filter eingesetzt werden, die stärker ausgeprägte Lichtfarben durch Einsatz eines komplementären Lichtfilters neutralisieren und so eine genormte Tageslichtatmosphäre erzeugen können. Zur genauen Bestimmung von Farbtemperaturen gibt es den Farbtemperaturmesser, den sogenannte Colorimeter. Seit den 1990er Jahren sind Colorimeter mit Digitalanzeige üblich, bei denen der Messwert direkt in Kelvin angezeigt wird. Sie ermöglichen ein präzises Vorgehen in der Fotografie.

 

Hier einige Beispiele für Lichtfarbtemperaturen:

 

Kerzenlicht                 1500 K                       warmes Licht mit hohem Rotanteil

 

Glühlampe (60 W)     2700 K                       warmes, gelbes Licht

 

Mondlicht                   4120 K                       kühler Lichtton mit geringem Rotanteil

 

Nebel                         7500 – 12000 K         kaltes Licht

 

Daraus entsteht eine allgemeine qualifizierende Kennzeichnung von Lichtfarben.

 

Bezeichnung            Farbtemperatur       Beschreibung           Wirkung auf den Menschen

 

warmweiß (ww)         unter 3300 K             gelbweiß                     wird als gemütlich und behaglich empfunden

 

neutralweiß (nw)       3300 bis 5300 K        weiß                            sachliche Atmosphäre, Kunstlichtcharakter

 

tageslichtweiß (tw)    über 5300 K              tageslichtähnlich         wirkt technisch, anregend, passt zu einfallendem Tageslicht

 

Seit dem Verkaufsverbot von Glühlampen, das im Jahr 2009 in Kraft trat, wurde verstärkt der Einfluss der Lichtfarbe auf die Psyche diskutiert. Hierbei wird auf die Farbpsychologie des Menschen verwiesen. Der am Tagesablauf orientierte Biorhythmus wird von der jeweils vorherrschenden Lichtfarbe beeinflusst. Wird diese künstlich verändert, kann das den Biorhythmus stören und körperliche sowie psychische Auswirkungen haben. Blaues Licht, ähnlich dem Licht der Mittagssonne, wirkt belebend und kann zu einer verringerten Melatonin-Ausschüttung führen. Warmes, rötlich-gelbes Licht hingegen wirkt gemütlich und dämpfend. Kaltes Licht wird deshalb beispielsweise in der Lichttherapie gegen Winterdepressionen eingesetzt. Auch an Arbeitsplätzen wird inzwischen vermehrt solches Licht mit hoher Farbtemperatur eingesetzt. Das blaue Licht des Computerbildschirms oder des Fernsehers bis kurz vor dem Zubettgehen kann andererseits zu Einschlafproblemen führen. Um das Zusammenwirken von Lichtstärke und Lichtfarbe auf verschiedene Arbeits- und Wohnsituationen nutzen und reproduzieren zu können, existieren mittlerweile sogar spezielle DIN-Normen. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären.