Das Sehen

Wutrot – Farben und ihre Wirkung auf uns

Wutrot – Farben und ihre Wirkung auf uns


Der Dichter Johann Wolfgang von Goethe hat uns nicht nur wunderbare literarische Werke hinterlassen. Er hat sich auch eingehend mit der Farbenlehre beschäftigt. Dieses rund 2.000 Seiten umfassende Œuvre empfand er selbst sogar als sein wichtigstes Werk. Goethes Farbenlehre wurde seinerzeit kontrovers diskutiert und immer der Farbentheorie Newtons gegenübergestellt. Die physiologischen und naturwissenschaftlichen Anteile mögen widerlegt und überholt sein, der Teil zur psychologischen Wirkung von Farben hat alle Diskussionen überdauert und wirkt bis heute.


Goethe teilte die Farben entsprechend ihrer stimulierenden Wirkung in Plus- und Minus-Farben. Dabei beschrieb er das gelb-rot-orange Spektrum als lebhaft, warm und kräftig, während er mit dem blauen Spektrum eher Kälte und Schatten assoziierte. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich noch viele Wissenschaftler mit der Lehre der Farben auseinandergesetzt. Unstrittig bleibt, dass Farben eine Wirkung auf unseren Körper und unsere Psyche haben. Jede Farbe besitzt ihre eigene Wellenlänge und Energie, und diese wirken auf uns. Die Farbe Rot wird als anregend, dominierend, aufmerksamkeitssteigernd wahrgenommen. Gelb gilt als fröhlich, heiter. Grün wirkt beständig, beruhigend, harmonisierend. Blau vermittelt einen kühlen, entspannenden Eindruck. Über die Augen nehmen wir die Farben wahr und zwar mit den Photorezeptoren auf der Innenseite der Retina. Wir Menschen besitzen drei Rezeptortypen für kurze, mittlere und lange Wellenlängen. Rot hat eine lange Wellenlänge, blauviolett eine kurze. Manche Tiere verfügen über vier Farbrezeptoren, sie können dadurch mehr Farbvarianten als der Mensch unterscheiden.


Über die Empfindungen, die Farben auslösen können – warm, kalt, fröhlich, beruhigend –, herrscht weitgehend Konsens. Individuelle Lernerfahrungen oder kulturelle Interpretationen können den Farben allerdings unterschiedliche Bedeutungen zuweisen. So gilt beispielsweise die Farbe Schwarz bei uns als Farbe der Trauer, im asiatischen Raum ist Weiß die Trauerfarbe.


Mode, Inneneinrichtung, Werbung und nicht zu vergessen die (Lebensmittel-)Verpackungsindustrie, sie alle nutzen und spielen mit den Wirkungen, die Farben auf uns haben. Eine goldfarben verpackte Creme wirkt hochwertig und kostbar, eine blau gehaltene Homepage vermittelt seriöse Intellektualität. Apricot gestrichene Wände rufen ein Gefühl von Geborgenheit hervor, das kleine Schwarze strahlt zeitlose Eleganz aus, der dunkelblaue Anzug Wissen und Status, der weiße Arztmantel reine, fleckenlose Sauberkeit.


Mit Farben kann man die Psyche beeinflussen und auch etwas über sich selbst aussagen. Wer nicht auffallen möchte, greift zu blassen, gedeckten Farben. Andere kommen auch gern mal in einem bunten, leuchtenden Look daher. Wie heißt es doch? Mut zur Farbe!